38. Urbacher Mostseminar
Auch Bürgermeisterin Martina Fehrlen darf sich nach ihrer Teilnahme am 38. Urbacher Mostseminar nun als „Sachkundige Mosttrinkerin“ bezeichnen
Nach Terminschwierigkeiten, Krankheit und Corona-Pandemie in den vergangen Jahren konnte Bürgermeisterin Martina Fehrlen nun endlich ihre Premiere beim Urbacher Mostseminar, einer der Tradtionsveranstaltungen in Urbach feiern. Dieses fand in diesem Jahr bereits zum 38. Mal im wie immer am Samstag vorvergangener Woche im ausverkauften Schlosskeller statt.
Sie freute sich, einerseits die Gäste aus nah und fern zu begrüßen und andererseits auch denjenigen zu danken, die vor und hinter den Kulissen dafür sorgen, dass dieser „Dauerbrenner“ im Urbacher Veranstaltungskalender auch noch nach vielen Jahren immer noch etwas Besonderes ist.
Dass es beim Mostseminar in Urbach nicht immer bierernst zugeht, weiß jeder, und deswegen hat der Urbacher Bürgermeisterin in diesem Jahr die Seminarteilnehmer*innen gleich mit einem Mostgedicht überrascht, das von vornherein für heitere Stimmung sorgte.
Damit diese sich im Laufe des Abends noch mehr steigerte, dafür sorgte vor allem auch das Urbacher Nationalgetränk. Most von sechs verschiedenen Herstellern wurde auch beim diesjährigen Mostseminar ausgeschenkt und prämiert, dazu der Vespermost (außer Konkurrenz), der wie so oft von Eberhard Ziegler aus Streich gespendet wurde.
Sechs Moste und der Vespermost mundeten dabei den Seminarteilnehmern im wieder einmal ausverkauften Urbacher Schlosskeller ausgezeichnet. Obwohl durchaus unterschiedlich vom Geschmack und von der Zusammensetzung hatten alle Moste in diesem Jahr eines gemeinsam – eine sehr hohe Qualität.
Das bemerkte auch Dipl. Getränkeingenieur und Mostprofessor Hermann Beck, als es daran ging, die verkosteten Moste zu prämieren. Einer der verkosteten Moste ragte allerdings nach dem Geschmack der Teilnehmer*innen deutlich heraus. Dies war ein reiner Birnenmost, filtriert und mit etwas Kohlensäure versetzt ebenfalls von Eberhard Ziegler aus Streich. Dieses süffige Getränk schmeckte einem Drittel aller Abstimmenden am besten und landete mit 30 Stimmen auf Platz 1 bei der Prämierung. Dieser professionell hergestellte Most zeigte einen Weg auf, wie es gelingen kann, das schwäbische Nationalgetränk auch wieder attraktiv für eine breitere Genießerschaft zu machen. In die selbe Kerbe schlug auch ein Aperitif, der an diesem Abend zum Auftakt gereicht wurde. „Most Have“ ist ein schwäbischer Cidre, mit einer gewissen Restsüße, kreiert von Jonas Burkhard aus Urbach für den „Remstalhof Dr. Knapp“. Dieses spritzige Getränk dürfte insbesondere bei der jungen Generation gut ankommen, da es eben diesen „mostigen“, derb-säuerlichen Geschmack nicht aufweist, der den traditionell hergestellten Mosten oft anhaftet.
Die Puristen unter den Mosttrinker*innen hingegen können mit solch‘ „geschönten“ Getränken oft nichts anfangen und stehen eher auf das traditionelle Geschmackserlebnis.
Auch dieses Klientel wurde aber beim Mostseminar bestens bedient. Die anderen 5 Moste, die verkostet wurden, stammten allesamt von „Hobby-Mostern“ – darunter auch Neulinge wie Paul Schönemann und Achim Grockenberger, die sich zum ersten Mal der Jury „sachkundiger Mosttrinker“ gestellt hatten.
Dabei baute Paul Schönemann seinen Most ganz tradtionell sogar in einem alten Holzfass aus. Insgesamt lagen die Moste auf Platz 2 bis 5 qualitätsmäßig sehr eng beieinander, wenngleich sie sich im Geschmack charakterlich unterschieden.
Damit es so gut gelingt, gab Hermann Beck den Profis und Neulingen in seiner bekannt humorigen Art wieder wertvolle Tipps, für den Ausbau des Mostes. Mostmachen sei eine heikle Sache, so Beck. Und selbst „alte Hasen“ könnten bestätigen, dass es manchmal nicht verständlich sei, warum im einen Jahr der Most super schmeckt und im anderen das Getränk so zäh wird, dass mr en mit dem Schürhoka, ´d Kellerstiag ruffzieha ká.
Eine Erklärung dafür sei, dass Mikroben, die meistens dann zuschlagen, wenn wir im Urlaub sind, dafür sorgen, „dass mancher Most einen harten Weg in Richtung Esslingen geht (Hengstenberg-Essig). Dies geschieht vor allem dann, wenn die Rohware nicht absolut gesund ist oder das Fass nicht sauber. Wenn dann noch eine relativ hohe Kellertemperatur hinzukommt, feiern die Essigsäurebakterien fröhliche Urständ.
Ein Most, der den Gästen nicht so sehr gemundet hat, zeigte, wie sich die Qualität entwickelt, wenn man der natürlichen Chemie seinen Lauf lässt und den Most nicht unter Luftabschluss lagert, beispielsweise in einem von Hermann Beck sehr gepriesenen Edelstahl-Druckfass oder aber auch abgefüllt in Flaschen. Der besagte Most war schon zweieinhalb Jahre alt und konnte mit den anderen verkosteten Mosten geschmacklich nicht (mehr) mithalten.
Das Ergebnis der Mostprämierung sieht in diesem Jahr folgendermaßen aus:
- Eberhard Ziegler, Berglen-Streich: reiner Birnenmost 30 Stimmen
- Achim Grockenberger, Urbach: Apfel-Birnenmost 17 Stimmen
- Paul Schönemann, Urbach: Apfelmost im Holzfass 16 Stimmen
- Joachim Grün, Asperglen: Apfelmost 11 Stimmen
- Alexander Ahle, Welzheim, Apfel-Birnenmost 9 Stimmen
- Jürgen Schlotz, Urbach, 2 jähriger Apfelmost 1 Stimme
Wie bereits in der Begrüßung durch Bürgermeisterin Fehrlen angeklungen, gehört zu einem gelungenen Urbacher Mostseminar nicht nur die Vermittlung von Wissen und das Trinken von Most, sondern auch eine gute Unterhaltung. Für letzteres sorgte in diesem Jahr einmal mehr die „Urbacher Mostband“ – ein Ableger des Evangelischen Posaunenchors.
Außerdem sorgten „Die Freiwilligen“, ein A-Capella-Chor aus Urbach, mit ihrem musiklalischen Streifzug, selbst getexter schwäbischer Lieder durch das Streuobstjahr für sehr viel Heiterkeit. Nicht nur der Klassiker „Mäh se ´ra“ sondern auch „Do brauchsch an Beemschneidkurs“ oder das Lied über die nicht enden wollende Apfelernte passte natürlich ungemein gut zum Thema des Abends. Dass auch die sängerische Qualität beachtlich war (trotz einiger krankheitsbedingter Ausfälle an diesem Abend), wurde vom begeisterten Publikum mit Zugabewünschen und frenetischem Beifall belohnt.
Zu Dank verpflichtet sind die Organisatoren nicht nur den Mostspendern, ohne die das Mostseminar überhaupt nicht stattfinden könnte. Einen hohen Anteil am Gelingen dieser Veranstaltung sowie dem Wohlbefinden der Gäste tragen seit vielen Jahren die Urbacher Landfrauen. Nach einem Generationenwechsel in Vorstandschaft und Helfer-Team war dieses Jahr eine Premiere für die „fleißigen Bienen“ der Landfrauen. Man durfte am Ende konstatieren, dass sich das neu-formierte Team nahtlos an die bekannt-bewährte Qualität früherer Bewirtungen angeschlossen hat. Mit einem deftigen Vesper wurde für eine gute Grundlage für die Mostprobe gesorgt und dass alle Fässer am Ende des Abend nahezu leer waren, zeugte davon, dass bei niemandem die Gläser lange leer geblieben sind – auch über die normale Mostprobe hinaus. Auch dafür sorgte das aufmerksame Landfrauen-Team.