32. Mostseminar in Urbach

Zum 32. Mal wurden im Schlosskeller staatlich geprüfte „Mostologen“ gekürt

Obwohl es schon zum 32. Mal stattfand, so erfreut sich das Urbacher Mostseminar ungebrochener Beliebtheit. Innerhalb weniger Stunden ist das einzig wahre und originale Urbacher Mostseminar , wie es Mostprofessor Dipl. Getränke-Ingenieur Hermann Beck immer zu bezeichnen pflegt, ausverkauft, und bei keiner anderen Veranstaltung sind an die hundert Gäste im altehrwürdigen Urbacher Schlosskeller.

Dabei sieht man unter den Gästen immer einige „Wiederholungstäter“ aber auch immer wieder neue Gesichter, die sich für die Herstellung, die Eigenheiten und vor allem den Geschmack des Urbacher Nationalgetränks interessieren.

Bürgermeister Jörg Hetzinger war es vorbehalten, die Gäste aus Nah und Fern mit launigen Worten zu begrüßen und auf die nach wie vor gepflegte Tradition des Streuobstbaus in Urbach hinzuweisen. So gab er vorab bekannt, dass der Verein „Hochstamm“ e.V., der nahe des Urbacher Bergrutsches mehrere Obstbaumgrundstücke in Steilhanglage vor dem Dornröschenschlaf bewahrt hat und sich dabei um den Erhalt alter, teilweise nur regional bekannter Obstbaumsorten bemüht, demnächst vom Landwirtschaftsministerium in Stuttgart einen Preis erhalten soll. Er bedankte sich auch gleich vorab bei den Hauptakteuren des Abends für ihr Bemühen, den Mostseminaristen wieder einen interessanten und in jeder Hinsicht genussvollen Abend zu bescheren.

„Mostprofessor“ Hermann Beck, seines Zeichen Dipl- Getränkeingenieur und damit profunder Kenner der chemischen Vorgänge bei der Entstehung des Urbacher Nationalgetränks, hatte für die Seminarteilnehmerinnen und –teilnehmer wie immer wertvolle Tipps für die Herstellung von Most. Dabei zeigte er sich – obwohl inzwischen im Ruhestand – wie immer top informiert über die Trends bei der Verarbeitung von Äpfeln und Birnen zu Saft und Most. So referierte er in diesem Jahr, dass man sich in diesem Jahr die ein oder andere Grippe hätte ersparen können, wenn man sich bei den ersten Anzeichen einer Erkältung gleich ein paar Gläschen heißen Mostes gegönnt hätte. Er ist sich sicher, dass auf diese Weise davor so manche Viren und Bakterien hätten abgetötet werden können.

Gleichwohl hatte er auch einige Kritikpunkte im Köcher, was die Entwicklung auf dem Mostobstsektor angeht. Als absolute Frechheit bezeichnete er die Erlöse, die den Äpfelklaubern im vergangenen Herbst bezahlt wurden. Mit einem Preis  von 3,- bis 4,-- € für 100 kg Mostäpfel sei das Preisniveau hier in der Gegend das schlechteste in ganz Deutschland gewesen. Da müsse man sich auch nicht weiter wundern, wenn manche Stücklesbesitzer ohne viel Sachkenntnis mit brachialen Methoden wie maschinellen Hochentastern ihren Obstbäumen zu Leibe rückten. Dies wiederum tue ihm in der Seele weh, denn er sei ein absoluter Verfechter für den Erhalt alter Obstbäume. Auch werde es immer zur Unsitte, dass manche Stücklesbesitzer meinen, Sie müssten Mitte September mit der Apfelernte fertig sein. Wer zu dieser Zeit grasgrüne Brettacher von den Bäumen schüttelt, „ghört selber gschüttelt“, so Beck, denn nur reifes Obst kann auch guten Saft und somit auch einen guten Most geben.

Doch ging es beim Mostseminar nicht den ganzen Abend so „bierernst“ zu. Wie immer wurde Wissenswertes rund um den Most mit vielen (schwäbischen) Sprüchen und Anekdoten bereichert. Auch der viel zitierte Stuttgarter Alt-Oberbürgermeister soll einmal den Spruch getan haben: „Wo das Trinken keine Sünde ist, ist das Kotzen keine Schande“.

Ganz so weit war es beim Mostseminar nicht, obwohl Hermann Beck vor der Probe der sechs Moste ankündigte, dass die Teilnehmer am Mostseminar auch in diesem Jahr ihren Körpern einiges Abverlangen müssten. Noch seien die Moste genießbar, aber im August, wenn manche die Essigmutter aus ihren Fässer ablassen würden, würden die Bakterien in der Kläranlage einen schönen Hustenanfall bekommen, so Beck, der sich von Berufs wegen mit Bakterien sehr gut auskennt.

Ein Experiment, von dem weder Veranstalter noch Akteur wussten, ob es funktionieren würde, war der Auftritt des Opernsängers Jürgen Deppert. Der Bariton aus Backnang trug drei Arien von Mozart, Verdi und Bizet vor – zuerst in der Originalfassung und dann mit schwäbischen Texten, die er selbst geschrieben hat. Doch gerade die witzigen schwäbischen Texte und der unverkrampfte und lockere Vortrag von Jürgen Deppert ließen dieses kulturelle Zwischenspiel beim Mostseminar zu einem mit viel Applaus belohnten Erfolg werden.

Der Höhepunkt des Abends nach einem deftigen Vesper und insgesamt 7 Verkostungen sehr unterschiedlicher Moste war die Prämierung des diesjährigen Siegermostes.
Dabei zeigte sich, dass die Geschmäcker der Seminarteilnehmer durchaus unterschiedlich sind.

Auf Platz 1 kam einmal mehr der Most, der eigentlich als Vespermost gedacht war. Dieses grundehrliche Getränk, das so schmeckte, wie man sich einen guten schwäbischen Most vorstellt, stammte wie schon die Vorjahressiegermoste von Eberhard Ziegler aus Streich (bzw. dem Hegnauhof).
Auf Platz 2 landete in diesem Jahr erneut ein eher lieblicher Most des Ehepaars Schoch aus Wäschenbeuren. Dieses hatte in diesem Jahr einen „Rosé-Most“ zur Verkostung mitgebracht. Dieser Cuvee aus verschieden Apfel- und Birnensorten enthielt einen kleinen Anteil an Holundersaft(-most?), der diesem Most seine außergewöhnliche Farbe gab .

Auf Platz 3 landete der Most von Alexander Ahle aus Welzheim, der mit einem reinen Birnenmost erstmals beim Urbacher Mostseminar an den Start gegangen war. Auf den weiteren Plätzen folgten. Rainer Semet, ebenfalls aus Welzheim, Jonas Burkhardt, ein noch ganz junger Mosterzeuger aus Urbach, Uwe Muck, ein alter Hase und schon mehrfacher Preisträger beim Urbacher Mostseminar sowie der stellvertretende Vorsitzende des Obstbauvereins Dr. Matthias Knapp.

Zu großem Dank verpflichtet sind die Organisatoren dieser Urbacher Traditionsveranstaltung den fleißigen Helferinnnen der Urbacher Landfrauen und der „Urbacher Mostband“, einem Ableger des Evangelischen Posaunenchors Urbach unter der Leitung von Jan Heinrich. Ohne diese beiden Institutionen wäre das Urbacher Mostseminar nicht das was es ist, und ohne den „Mostprofessor“ Hermann Beck, gäbe es das Mostseminar nicht. Vielen Dank also an alle Mitwirkenden!

 

 

Ohne sie geht nix beim Mostseminar, die Mostlieferanten mit ihrem „Obermoschdkopf“, Mostprofessor Hermann Beck (ganz rechts) bei der Mostprämierung.

Ein Garant für den Erfolg des Urbacher Mostseminars ist alljährlich die „Urbacher Mostband“, ein Ableger des Evangelischen Posaunenchors unter der Leitung von Jan Heinrich

Mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen sang er das „Torrero-Lied“ aus der Oper „Carmen“ auf Schwäbisch – Jürgen Deppert, Bariton aus Backnang.