29. Mostseminar in Urbach

Neue Gesichter aber alter Sieger
beim 29. Urbacher Mostseminar
Auffallend viele jüngere Besucherinnen und Besucher konnte der
stellvertretende Bürgermeister Alfred Blümle beim traditionellen
29. Urbacher Mostseminar im Schlosskeller begrüßen. Er vertrat
an diesem Abend Jörg Hetzinger, der sich wegen eines anderen
Termins entschuldigen ließ.
Seminarleiter und Referent Hermann Beck, diplomierter Getränkeingenieur
und Mostprofessor h.c., freute sich, dass immer wieder
neue Freunde für das schwäbische Nationalgetränk und dessen
Herstellung interessieren. So stellten sich bei diesem Mostseminar
zwei Neulinge mit ihrem selbst kreierten Most dem kritischen
Geschmack des Publikums. Dass sie dabei nicht auf Anhieb vordere
Plätze bei der Prämierung erzielen konnten, ist dabei zunächst
einmal nicht so wichtig. Wie es überhaupt bei den präsentierten
Mosten eher darauf ankommt, dass sie einen eigenen
Charakter haben und sich nicht nur in Nuancen von den anderen
unterscheiden.
Dabei waren auch wieder Moste, die nicht ausschließlich aus Äpfeln
hergestellt wurden, sondern auch einen Anteil von Birnen
oder - wie auch verkostet - etwas Holunder (wg. der Farbe) enthalten.
Dies stellt lt. Hermann Beck eine Besonderheit dar, die
ausschließlich in Baden-Württemberg zugelassen ist. Für manche
Puristen, aber auch in den hessischen oder niederösterreichischen
Apfelhochburgen kommt dies nicht in Frage. Dort genießt
der Most aber auch einen sehr viel höheren Stellenwert, als dies
bei uns im Remstal der Fall ist.
Dies war nicht immer so, war es doch in früheren Jahren üblich,
dass ein Bauer stets zwischen 2000 und 3000 Liter Most pro Jahr
im Keller hatte. Wein oder Bier konnte man sich nicht leisten und
ein rechter Schwob kam auf seine 4-5 Krügle Most am Tag ganz
nach dem Motto: „Ein Bauer ohne Most, ist wie ein Sommer ohne
Trost“. Freilich wurde der Most seinerzeit auch deutlich verdünnt,
was heute nicht mehr erstrebenswert erscheint. Wie der Obermostologe
Hermann Beck bemerkte, ist es heute mit Reinzuchthefe
und einem Edelstahldruckfass durchaus möglich, auch als Anfänger
gute Ergebnisse bei der Mostherstellung zu erzielen. Wichtig
dabei ist absolute Sauberkeit, denn die Essigbakterien sorgen
schnell für einen Übergang ins Hengstenbergmäßige, so Hermann
Beck.
Und jeder, der mit Mostmachen experimentiert, ist ein potentieller
Naturschützer, der seine Stückle und pflegt und hegt. Dadurch
wird eine vielfältige Kulturlandschaft bei uns im Remstal erhalten.
Veranstaltungen wie das Urbacher Mostseminar mit einem glänzend
aufgelegten Mostprofessor Hermann Beck animieren dazu,
sich auf das Wagnis „Mostmachen“ einzulassen, denn so ein guter
Most läuft einem Genießer doch mit Hochgenuss über die Geschmacksknospen,
vor allem wenn es dazu noch ein hervorragendes
Vesper gibt mit einem knusprigen Bauernbrot aus dem
Holzbackofen. Für dieses zeichneten traditionell die Urbacher
Landfrauen verantwortlich ebenso wie für einen tollen Service
und einen reibungslosen Ablauf der Mostverkostung. Dafür gebührt
den Damen ein herzlicher Dank!
Zu einem vergnüglichen Mostseminar gehört aber auch die Unterhaltung.
Neben den Sprüchen von Hermann Beck und den
schwäbischen Volksweisen die von der Urbacher Mostband, einem
Ableger des evangelischen Posaunenchors, gekonnt routiniert
intoniert wurden, sorgten bei diesem Mostseminar Else Söll
und ihr Vetter Heinz Oesterle aus Waldhausen für einige Lacher
mit schwäbischen Liedern und deftig derben Szenen aus dem
nachbarschaftlichen Alltag, ausgetauscht über den Gartenzaun.
Als Sieger aus der Prämierung ging wie schon in den beiden vorangegangenen
Jahren erneut Eberhard Ziegler aus Streich hervor.
Ob das Obst für seinen Most eher vom Hegnauhof kommt
oder von den Berglen, verriet er nicht. Auf den Plätzen folgten die
Moste von Martina Groß aus Wäschenbeuren und von der Kelterei
Streker aus Aspach.
Bemerkenswert, dass es der Redaktion des neuen Remstalmagazins
„Landluft“ wert war, über das Urbacher Mostseminar in
Bild und Text zu berichten. Das Ergebnis wird in der neuen Ausgabe
von „Landluft“ Remstal zu lesen sein. Dort steht dann auch
das Rezept für den „Kir Oberurbach“, einen von Alfred Blümle
kreierten Cocktail, der es in sich hat.