19. oder 20. Mostseminar in Urbach


Große Geschmacksvielfalt der Möste beim diesjährigen Mostseminar

Ein kleines Jubiläum gab es beim diesjährigen Mostseminar im Urbacher Schlosskeller, denn anders als es die Buchführung der Gemeindeverwaltung hergibt, ist der Seminarleiter und Urbacher Obermostologe Hermann Beck der Ansicht, dass diese Urbacher Traditionsveranstaltung in diesem Jahr schon zum 20. Mal stattfand, worauf man sich schließlich auch einigte. Aber egal, ob 19. oder 20. Mostseminar, das Interesse an dieser Veranstaltung, die eine gelungene Mischung aus Information, Unterhaltung und leiblichem Wohl darstellt, ist ungebrochen. Ein üppiges Vesper mit dem schon berühmten Bauernbrot vom Hegnauhof, liebevoll hergerichtet von den Urbacher Landfrauen, traditionelle Blasmusik, gespielt von der „Urbacher Mostkapelle“, einem Ableger des evangelischen Posaunenchors Urbach und natürlich der Most selbst, das sind die Garanten dafür, dass derjenige, der Karten will, schnell reagieren muss, wenn der Vorverkauf los geht, obwohl der Termin ausschließlich im Urbacher Mitteilungsblatt bekannt gemacht wird.
Unter den Gästen sah man allenthalben viele „Wiederholungstäter“ aber auch neue Gesichter, die sich an diesem Abend zum „fachkundigen Mosttrinker“ ausbilden lassen wollten.

Fachkundig zeigte sich auch Bürgermeister Jörg Hetzinger der mit seiner Gattin schon einmal das Vergnügen hatte,
am Seminar teilzunehmen. Er begrüßte die Gäste u.a. mit folgendem Gedicht von Goethe:

„Der Most, der gärend sich vom Schaum geläutert,
er wird zum Trank, der Geist und Sinn erheitert“

In seiner Begrüßungsansprache bedankte sich der Bürgermeister nicht nur bei den Mitwirkenden des Abends,
sondern vor allem auch bei den vielen Mostern und Stücklesbesitzern,
die durch die Pflege ihres Stückles mit den vielen alten und
hochstämmigen Obstbäumen einen wertvollen Beitrag zur Erhaltung unserer Kulturlandschaft leisten.
Ein weiteres Gedicht, das der Bürgermeister zum Besten gab, war der weise Spruch:

„A guodr Moscht heilt jeden Schmerz,
er ischt des Schwaben Perle,
der Wein erfreut des Menschen Herz,
dr Moscht da ganze Kerle.“


Wie wohl der Abend durchsetzt war mit weiteren Zitaten,
Sprüchen und Gedichten zum Thema Most, die die Wichtigkeit
des schwäbischen Nationalgetränks unter Beweis stellen.

Welche Bandbreite die Möste an Geschmack, Aroma und Farbe haben können, wurde den Seminarteilnehmern nicht nur durch die servierten sechs Möste (plus einem Vespermost) verdeutlicht, sondern auch durch die fachlichen Beiträge von Hermann Beck. Dieser hatte zuvor mit seiner Jury aus Mitgliedern des Urbacher Obstbauvereins und anderer „Sachverständiger“ die schwierige Aufgabe, die sechs Möste und den Vespermost für das diesjährige Mostseminar aus einer Auswahl von 21 verschiedenen Mösten auszusuchen.

Beck machte dabei deutlich, dass die Qualität der Möste, die zum Mostseminar angemeldet wurden, in diesem Jahr außerordentlich gut war. Dies hätte es der Jury nicht leicht gemacht, aus den vielen gleichwertigen die richtigen Möste für die Endausscheidung auszuwählen. Als Sprecher der Jury versicherte er jedoch, dass alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Schließlich habe man alle Möste „blind verkostet“.

Dass die Auswahl gut getroffen war, zeigte sich auch am Abstimmungsergebnis zum „Most des Jahres 2005“. Keiner der vorne platzierten Möste hatte einen hohen Stimmenvorsprung.

Platz 1 ging in diesem Jahr an den Most von Helmut Ziegler vom Hegnauhof, der einen klassischen räsen Most aus verschiedenen Apfelsorten kreiert hatte.
Platz 2 wurde mit der selben Stimmenzahl zweimal vergeben, zum einen an einen ausgesprochen lieblichen, wohl aber auch starken Most, der vom Haubersbronner Obstbauverein ins Rennen geschickt worden war. Der schon etwas nach Gewürztraminer schmeckende Apfelwein war der Favorit der weiblichen Seminarteilnehmer.

Der andere zweite Platz wurde vom Publikum vergeben für den diesjährigen Vespermost, einem zweijährigen, sehr süffigen, reinen Birnenmost aus „Oberösterreichern“.

Auf den Plätzen folgten die Möste von Steffen Truhart, Uschi Leiter (Fritz Heckenlaible), Ingolf Spannaus und Jo Heller.
Wie immer wusste Hermann Beck zu jedem der vorgestellten Möste etwas zu sagen und gab den angehenden Mostologen wertvolle Tipps zur Herstellung des Mostes. Das A und O der Mostherstellung sei das Obst. Vollreif von nicht allzu stark tragenden Bäumen sollte es sein und nicht unbedingt sortenrein. „An Mooschd von kendskopfgroße Brettacher gibt bloß a Brüh’ mit a bissle dromrom“, meinte Beck, der sich vehement auch für den Erhalt alter Baumbestände und Sorten auf unseren Obstbaumwiesen aussprach. Nirgendwo in ganz Europa sei die Sortenvielfalt so hoch, wie bei uns in Württemberg. Außerdem hätten diese Sorten auch eine hohe Fruchtsäure, was zu einer guten Haltbarkeit des Mostes führe. Obwohl früher dem Most teilweise 30 bis 40 % Wasser zugesetzt wurde, sei dieser oft auch noch nach zwei Jahren genießbar gewesen, so Hermann Beck, der von Beruf Dipl. Getränkeingenieur ist. Freilich braucht’s dazu aber auch einen guten Keller, in dem auch im heißesten Sommer die Temperaturen nicht über 12° C ansteigen sollten, weil „sonst so a Lommeliger im Frühjohr so zähflüssig wird, dass en mit dem Schürhoka ´d Kellerstiaga ruffzieha kasch“, meinte Hermann Beck.

Nicht genug loben könne man die Stücklesbesitzer die ihren Baumbestand pflegen und sich auch in solchen Jahren wie dem letzten, als es massig Äpfel gab, noch den Rücken krumm machten, um das Obst für Apfelsaft und Most aufzuklauben. Hermann Beck appellierte dabei an alle, für das Apfelsaftschorle daheim nur Direktsaft zu verwenden, obwohl dieser teurer ist als die vielen fertigen Apfelschorle der Getränkeindustrie, welche aber samt und sonders aus billigem Konzentrat gemacht würden. Erstens schmecke dieser Saft bedeutend besser und zweitens leiste man damit einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der heimischen Apfelsorten und Baumwiesen.

Für viel Erheiterung sorgte neben Hermann Beck auch „Anna Aspergler“ eine von Ilsebyll Beutel-Spöri vom Theater „Kleines Spectaculum“ aus dem gleichnamigen Rudersberger Teilort gespielte Handpuppe. Sie meinte unter anderem, in Urbach liege der Schnee in diesem Jahr besonders lange, aber das sei ja kein Wunder, habe man doch einen Schultes, der aus Winterbach komme..... . Zu späterer Stunde sorgte natürlich auch der Most und die traditionellen Volksweisen, gespielt von der „Urbacher Mostkapelle“ für viel Heiterkeit

Hermann Beck hatte zuvor zwar etwas warnend den Finger erhoben, ob des Alkoholgehalts der Möste, wartete aber auch mit einem Zitat des Stuttgarter Alt-OB’s Manfred Rommel auf, der einmal sagte (oder zumindest gesagt haben soll):

„Wo Trinken keine Schande ist, ist Kotzen keine Sünde“.

Und an schwera Kopf, so hatte er versprochen, könne von den beim 20. Urbacher Mostseminar kredenzten Mösten niemand bekommen. Ob’s tatsächlich so war, entzieht sich leider dem Wissen des Chronisten.

Als fachkundige Mosttrinker präsentierten sich auch Bürgermeister Jörg Hetzinger und sein Rudersberger Kollege Horst Schneider mit ihren Ehefrauen.

Bei einem zünftigen Vesper und einem guten Most – da lässt es sich gut sein.

„Anna Aspergler“ mit ihren frechen Sprüchen sorgte für viel Heiterkeit unter dem Publikum.

Der Vortrag des Urbacher Obermostologen Hermann Beck beinhaltete nicht nur wertvolle Informationen, sondern hatte auch einen hohen Unterhaltungswert.

Selbst „Anna Aspergler“ mundete das Urbacher Nationalgetränk vorzüglich.

Anna Aspergler im Fachgespräch mit Hermann Beck