Drangvolle
Enge beim 17. Urbacher Mostseminar
Keine Woche hat es gedauert, dann waren die Karten für das traditionelle
Urbacher Mostseminar mal wieder vergriffen und das obwohl die Veranstalter
in diesem Jahr statt der sonst üblichen 90 Plätze in diesem
Jahr 102 Plätze anbot. Den zum Teil aus der Schweiz oder dem badischen
Mosbach angereisten Gästen wurde so die drangvolle Enge einer schwäbischen
„Besenwirtschaft“ vermittelt, die nicht nur aufgrund der,
im wahrsten Sinne des Wortes, vorhandenen Wärme dem Durst und damit
auch Heiterkeit und Geselligkeit förderlich war.
Nun gibt es bei einem Mostseminar, anders als in der „Besenwirtschaft“
natürlich keinen Fasswein, sondern „räsen Mooschd“
(mit langgezogenem „o“, wie der Referent des Abends, Dipl.
Getränke-Ing. Hermann Beck betonte). Eine Auswahl von
fünf charakteristischen Sorten des edlen Getränks aus heimischem
Streuobstanbau wurde verkostet, plus eines Mosts außer Konkurrenz,
den es zum üppigen Vesper gab.
Vorgestellt
wurden die Möste wie immer von Dipl. Getränke-Ing. Hermann
Beck, der zu jedem Most das Passende zu sagen wusste. Frappierend war
dabei festzustellen, wie unterschiedlich Most schmecken kann, je nach
dem welche Obstsorten dafür verwendet wurden, in welcher Art von
Fässern er ausgebaut wurde und wo und wie lange gelagert. Wie immer
stellte Hermann Beck in seinem launigen, mit schwäbischen Sprüchen
und Gedichten angereicherten Vortrag Historie und moderne Entwicklungen
bei der Herstellung des Mostes vor.
So erzählte er, dass noch vor zweihundert Jahren ein Zentner Most
vergleichsweise soviel Wert war wie ein paar Schuhe. Die Wertigkeit
des Obstes führte auch zu solcher Not, dass „aus drei Gewürzluiken“
drei Eimer (Altes Württembergisches Hohlmaß = 293,9 Liter!)
Most entstanden sind, wie es Überlieferungen behaupten, oder dass
in einem Dorf nahe Sindelfingen die Bewohner die Weihnachtsfeiertage
im Bett zubrachten, weil sie zuviel ihres guten Mostes konsumiert hatten,
den sie zuvor in Ermangelung genügend Mostobstes mit Futterrüben
gestreckt hatten.
Solcherlei
Dinge gehören heute der Vergangenheit an. Man muss froh sein, wenn
sich heute noch jemand den Rücken krumm macht, um sein Mostobst
aufzulesen. Wer es tut, dem stehen heute im modernere Verfahrenstechniken
zur Verfügung, so Hermann Beck. Der neueste Schrei sind Edelstahlfässer,
die unter Druck gesetzt werden können und mit denen der Gärungsprozess
genau gesteuert werden kann. Wenn man will, kann man den Gärungsprozess
sogar ganz aussetzen und Apfelsaft ohne Zusatz von Konservierungsstoffen
haltbar machen.
|
Unter
den Mostlieferanten des diesjährigen Mostseminars waren auch zwei
dabei, die im letzten Herbst zum ersten Mal selbst mosteten, und –
man höre und staune – deren Most wurde von den Seminarteilnehmern
auf Anhieb und mit großer Mehrheit zum besten Most des Abends
gekürt.Ingolf
Spannaus Urbach und Rainer Schüle aus Plüderhausen
kreierten ihren Most gemeinsam und landeten mit ihm gleich einen geschmacklichen
Volltreffer.
Auf Platz 2 landete – einmal mehr (er ist wirklich
der ewige Zweite) - Uwe Muck aus Urbach. Platz
3 ging an den Most von Fritz Heckenlaible gefolgt
von den Mösten von Hartmut Graf und Wilfried
Schiek (alle Urbach). Außer der Wertung mundete den Gästen
auch der noch nicht ganz durchgegorene Vespermost von Hans Rube
vom Wellingshof.
Für die heitere Stimmung im atmosphärisch schönen Schlosskeller
sorgte aber neben dem Most (manche mussten zwei Proben nehmen, um sich
für den richtigen Most entscheiden zu können) auch die „Urbacher
Mostband“, ein Septett des Evangelischen Posaunenchors Urbach unter
der Leitung von Jan Heinrich. Ihre perfekt gespielten (schwäbischen)
Lieder, u.a. auch die schwäbische Nationalhymne „Preisend mit
viel schön Reden“ animierten vor allem zur vorgerückten
Stunde viele zum Mitsingen.
So manchen herzlichen Lacher forderten auch die größtenteils
selbst geschriebenen Gedichte und Anekdoten des Stuttgarter Ex-Straßenbahners
Karl Frank heraus, dem in seinem Vortrag der schwäbische
Schalk aus den Augen leuchtete.
Ein
herzlicher Dank gilt aber auch vor allem den Urbacher Landfrauen, die
mit dem Ausschank des Mostes und dem Herrichten des Vespers einmal mehr
die Urbacher Gastlichkeit in Perfektion zelebrierten. Allen voran, ist
dabei auch Brigitte Ziegler erwähnen, die für ihr selbst gebackenes
Holzofenbrot (18 Laib wurden verpeist!) ein Sonderlob der Gäste erhielt.
|
Proppenvoll
war’s einmal mehr im Urbacher Schlosskeller. Die Teilnehmer beim
Mostseminar saßen Rücken an Rücken – eine Atmosphäre,
wie im „Besen“.
|
Auch Bürgermeister
Jörg Hetzinger und seine Frau Karin, zum ersten Mal beim Mostseminar
dabei, gehören jetzt zum Kreis der „sachkundigen Mosttrinker“.
Landrat Johannes Fuchs und seine Frau Evi sowie Landespolizeipräsident
Konrad Jelden und seine Frau gehörten zu den „Fortgeschrittenen“,
die ihr Wissen auffrischten. |