22. Mostseminar in Urbach |
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Gar nicht so einfach gestaltet sich dabei der Jahrgang 2006, wie der Getränkeingenieur und Seminarleiter Hermann Beck zu referieren wusste. Die besonderen klimatischen Verhältnisse mit einem relativ kühlen und nassen August und dafür einem sehr warmen September führten bei vielen Früchten zu einer Kernfäule, die von außen kaum sichtbar gewesen sei. Diese Fäule bewirkte, sofern die fauligen Früchte nicht konsequent ausgelesen wurden, dass sich Schimmelpilze im Most eingenistet hätten. Bei nicht doppelt mit Wärme behandelten Säften bzw. könne dies dazu führen, dass der Apfelsaft zu schimmeln beginne, sobald er mit Sauerstoff in Berührung kommt. Dies sei insbesondere bei den neuartigen größeren „Bag-in-Box“-Gebinden problematisch, da der Saft aufgrund der größeren Mengen nach dem Öffnen lange nicht aufgebraucht werde. Es empfehle sich deshalb, solche Gebinde öfter zu kontrollieren, da der Verzehr des schimmeligen Saftes äußerst gesundheitsschädlich sei. Flaschenware von den Fruchtsaftkellereien sei hingegen unbedenklich. |
Aber
auch der Most in den Fässern habe in diesem Jahr so seine Tücken.
So befänden sich in vielen Mosten, insbesondere solchen mit hohem
oder gar reinem Birnenanteil auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch
viele Schwebstoffe, obwohl eigentlich der Most bereits um die Weihnachtzeit
herum beginnen müsste, klar zu werden. Wenn man jetzt nicht aufpasse,
so Beck, und der Most zuviel Sauerstoff abbekomme, entwickelten die Essigbakterien
ungeahnte Kräfte und dann könne man „sein Mooschd mit
dem Schürhoka ´d Kellerstiaga rufzieha“. |
Bei
den Mostproduzenten, die sich in Urbach nicht nur einer fachkundigen Jury,
sondern auch dem Geschmack der Seminarteilnehmer stellen, war das nicht
der Fall. Die Qualität, der in diesem Jahr kredenzten sechs verschiedenen
Moste (plus Vespermost) war durch die Bank gut und die Bewertungen lagen
eng beieinander. Sieger wurde in diesem Jahr der Vorjahressieger Eberhard
Ziegler aus Streich (ehemals Hegnauhof). Auf den Plätzen landeten
die Moste von Fritz Heckenlaible, Dieter Nagel, Gerhard Schiek, Uwe Muck
und Thomas Kolnhofer (alle Urbach), und auch der Vespermost von Helmut
Ziegler vom Hegnauhof mundete den Gästen. Doch bevor der Most im Glas ist, bedarf es einer ganzen Menge Arbeit, die leider in heutiger Zeit immer weniger Stücklesbesitzer auf sich nehmen wollen. Gemeinde und Landkreis haben deshalb gemeinsam ein Konzept entwickelt, um Anreize zu schaffen, dass die für unsere Gegend so charakteristischen Streuobstwiesen erhalten werden können. Urbach ist im übrigen gemeinsam mit zwei weiteren Kreisgemeinden Modellgemeinde für den Erhalt von Streuobstwiesen. Bürgermeister Jörg Hetzinger stellte dieses Konzept beim Mostseminar erstmals der Öffentlichkeit vor. Bei diesem „Rundum-sorglos-Paket“ sollen all diejenigen, die sich in „Natura 2000-Gebieten“ (Vogelschutzgebieten) ein Stückle kaufen möchten bzw. längerfristig pachten folgende Leistungen erhalten: |
• Eine kostenlose Erstpflege des Stückles durch den Pflegetrupp des Landkreises und den Bauhof der Gemeinde, • Einen Obsthochstamm inkl. Pflanzung, • Eine Gratisbaumschnittberatung vor Ort • Einen Vogelnistkasten • Einen Gutschein für 10 Liter Apelsaft vom örtlichen Küfer • Ein Flasche Obstler von einer heimischen Brennerei • Ein Glas Blütenhonig vom örtlichen Imker • Einen Gutschein für Arbeitsgeräte wie Astschere, Handschuhe, Leimringe vom örtlichen Fachhändler • Einjährige Gratismitgliedschaft beim Obst- und Gartenbauverein Urbach, beim Verein Hochstamm und beim Naturschutzbund Schorndorf und Umgebung. |
Die
entstehenden Kosten werden sich der Landkreis und die Gemeinde teilen,
so Jörg Hetzinger. Die Gemeinde möchte mit dieser Aktion ab
dem Herbst dieses Jahres starten, und der Bürgermeister hofft, dass
diese Anklang findet. Diese Aktion ist im übrigen nur eine von mehreren,
die die Gemeinde in Zusammenarbeit mit Vereinen und anderen Trägern
unternimmt, um mit den Streuobstwiesen nicht nur ein landschaftsbildprägendes
Element unserer Heimat zu erhalten, sondern auch den Lebensraum für
zahlreiche selten gewordene Tier- und Vogelarten. |
Humor und Wissen, gepaart mit kulinarischen Köstlichkeiten aus dem örtlichen Keller und Backhaus, das sind die Zutaten für das Gelingen des Urbacher Mostseminars, das auch in diesem Jahr wieder Wochen vorher ausverkauft war. |
Für den humorvollen Teil beim diesjährigen Mostseminar sorgte „Dr Gottlieb“ alias Rudi Hohler aus dem Lenninger Tal („vorne breit und hinten schmal“), der mit seinen größtenteils selbst verfassten Gedichten über den Most, das Land und die Leute und vor allem mit seinem köstlichen Sketch über den Gottlieb der seinem Bruder Frieder den Most aus dem Keller klaute und dabei sein „bestes Stück“ in eine Rattenfalle brachte, die Leute sehr zum Lachen aber auch zum Nachdenken brachte. |
Die „Urbacher Mostband“, ein Ableger des Evangelischen Posaunenchors Urbach, schafft es immer wieder mit schwäbischen Volksliedern die mostseligen Seminarteilnehmer zu später Stunde zum Singen zu animieren. |
Dipl.-Getränkeingenieur Hermann Beck und zwei Damen des Urbacher Landfrauenvereins nach getaner Arbeit. Beide zusammen – Hermann Beck mit seinem fachlich versierten und doch humorvollen Vortrag und die Landfrauen mit ihrem gewohnt spitzenmäßigen Vesper und Bauernbrot vom Hegnauhof – das sind die Garanten für das original Urbacher Mostseminar. |
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