21. Mostseminar in Urbach


Trotz Obstmangels fand 21. Mostseminar statt


Es war in diesem Jahr nicht einfach, so Seminarleiter und Mostprofessor Hermann Beck, die Proben für das Mostseminar zusammenzubekommen. Klar, bei dem wenigen Obst, das es im vergangenen Herbst gab, behielten viele ihren kostbaren Most für sich (wenn sie überhaupt einen hatten!). So sei der 2005er Jahrgang ein schwieriger wie Beck betonte, und es ließ sich nicht vermeiden, dass unter den Mostproben, die am vergangenen Samstag im Schlosskeller verkostet wurden „ein paar dicke Hunde“ dabei waren: „Do zieht’s oim d’ Onderhos aus“ (O-Ton Hermann Beck).

Bevor es allerdings soweit war, begrüßte zunächst Bürgermeister Jörg Hetzinger die Gäste mit einem Gedicht und bedankte sich bei allen Mitwirkenden und vor allem den Stücklesbesitzern die durch ihr Engagement einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der Streuobstwiesen und damit unserer herrlichen Kulturlandschaft leisteten. Besonders begrüßte Jörg Hetzinger seinen Kollegen aus Maulbronn, Andreas Felchle, den er und der Gemeinderat von Urbach bei einem Ausflug vor Weihnachten als „Stimmungskanone“ kennen gelernt und spontan zu einem Gegenbesuch des Urbacher Mostseminars eingeladen hatten.

Als besonderes Schmankerl gab es bei diesem Mostseminar zur Begrüßung einen Aperitif in Form eines „Schwäbischen Cidres“ (Mostsekt), der aufgrund seines lieblichen Geschmacks insbesondere beim weiblichen Teil der Seminarteilnehmer Anklang fand.
Anschließend ging es nach einem deftigen Vesper mit dem schon berühmten Holzofenbauernbrot vom Hegnauhof los mit der Mostprobe. Dabei setzte sich der Trend fort, dass auch der sog. „Vespermost“ (früher außer Konkurrenz bei der Bewertung) aufgrund seiner Güte in die Abstimmung zum besten Most miteinbezogen wurde. Der Most von Kurt Hoyler aus Plüderhausen, hergestellt von Manfred Zehnder in dessen Mosterei, schmeckte den Gästen vorzüglich und landete in der Endabrechnung auf Platz 2. Übertroffen wurde dieser nur vom Most von Eberhard Ziegler. Der Hegnauhöfer, der inzwischen in den Berglen lebt, musste das Obst für seinen Most im vergangenen Jahr auch von überall her „zusammenkratzen“. So bildeten wohl nicht nur Äpfel aus den Berglen die Basis für den diesjährigen Siegermost, sondern auch aus Urbach. Auf Platz 3. landete der Most von Peter Stüber, der einen hohen Birnenanteil aufwies. Der trockene Abgang dieses interessant schmeckenden Mostes, war jedoch nicht jedermanns Geschmack.

Was wäre jedoch ein Urbacher Mostseminar ohne die Sprüche des Seminarleiters Hermann Beck: „Ein süßer Wein ist wie der Kuss einer Frau, ein Most wie der Biss einer Viper – kommt nur drauf an, ob jung oder alt!“. So sorgten nicht nur die „flüchtigen Säuren“, einiger beim Mostseminar verköstigter Moste für „glatte Gesichtsformen“, sondern auch die Lacher, die Hermann Beck bei den Gästen mit derartigen Aussagen hervorrief. Doch nicht nur Sachen zum Schmunzeln gab Beck zum besten. Wer wusste schon, dass es allein in Urbach geschätzt rund 250 bis 280 Obstsorten auf den Streuobstwiesen gibt? Diese Sortenvielfalt gelte es zu erhalten, so Beck, dafür engagiere sich inzwischen auch die Uni Hohenheim, die sich allerdings nur auf etwa 30 der alten Sorten konzentriert. Ob dies allerdings die richtigen seien, um einen guten Most zu kreieren, wisse er nicht.

Auch einen Blick in die Zukunft wagte Beck. Zunächst glaube er fest daran, dass es in diesem Jahr wieder Äpfel gibt. „Frostspanner haben keinen Doktor, wenn sie Grippe bekommen“, behauptet Beck und meinte wohl damit, dass die Natur die Sache schon regeln werde. Außerdem ließ Beck die Seminarteilnehmer neu entwickelte Alco-Pops auf Mostbasis probieren, mit dem die Getränkindustrie sich neue Käuferschichten erschließen will. Und er pries – einmal mehr - die enormen Vorzüge von Edelstahl-Druckfässern, mit denen man den Gärprozess vorzüglich steuern könne. Z.B. könne man in diesen Fässern über Monate hinweg Apfelsaft ohne Zugabe von Chemikalien bzw. Abkochen haltbar machen. Auch wenn diese Fässer nicht ganz billig sind – „wenn die Frauen Edelstahl in der Küche wollen, sollen sie dies auch ihren Männern in den Keller gönnen“, so Beck – gehöre ihnen die Zukunft.

Ein weiterer Höhepunkt des Abends waren die Auftritte des Maulbronner Bürgermeisters Andreas Felchle mit seinem Akkordeon (die Betonung liegt übrigens auf „Maul“, so Felchle) So intonierte Andreas Felchle nicht nur die schwäbische Nationalhymne „Preisend mit viel schönen Reden“ mit den Gästen im Schlosskeller, sondern präsentierte auch eine selbst gedichtete Version des alten Udo Jürgens-Titels „Griechischer Wein“. Wie konnte der neue Titel auch anders heißen als „Urbacher Moschd“(Text.pdf). Dieser Song, hat jedenfalls das Zeug dazu, zur Urbacher Hymne zu werden.

So klang der Abend im Schlosskeller mit launige Musik von der „Urbacher Mostband“ und gemütlichem Beisammensein aus. Für den Wohlfühlfaktor bei diesem Event (wie man heute wohl auf neudeutsch formulieren könnte) sorgten einmal mehr bravourös die Urbacher Landfrauen, die emsig und schaffig wie sie nun mal sind, dafür sorgten, dass es den Gästen an nichts mangelte.


„Mostprofessor“ Hermann Beck schulte die Seminarteilnehmer auch zum 21. Mal zu „Staatlich geprüften Mostologen“.

Der Maulbronner Bürgermeister Andreas Felchle präsentierte ein Lied, das das Zeug dazu hat, zur Urbacher Most-Hymne zu werden.

Wie immer ausverkauft, war auch das 21. Urbacher Mostseminar